Kopfbäume
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Bei Kopfbäumen handelt es sich im Wesentlichen um Korb- und Silberweiden, aber auch um verschiedene andere Baumarten, wie Eschen, Pappeln oder Eichen. Die Einführung der Kopfholzwirtschaft ist auf die massiven frühmittelalterlichen Rodungen der natürlichen Waldbestände und den dadurch verursachten Holzmangel zurückzuführen. Verstärkt wurden die Engpässe in der Holzversorgung zudem durch die Beweidung der Wälder und den Verbiss des Jungwuchses, was zu einer zusätzlichen Auslichtung der verbliebenen Bestände führte.
Das als Bau- und Brennstoff unverzichtbare Holz mussten viele Bauern nun selber gezielt nachproduzieren, ohne dabei jedoch übermäßig viel der wertvollen Acker- und Grünlandflächen einzubüßen. Es entwickelte sich eine platzsparende Art der Holzgewinnung, die einerseits den Pflanzenwuchs auf angrenzenden Äckern, Wiesen und Weiden nur geringfügig beeinträchtigte und andererseits kaum vom Weidevieh verbissen werden konnte. Man pflanzte dazu Gehölze, meist entlang bestehender Flurgrenzen, Hecken und Entwässerungsgräben, und schlug sie bei einem Stammdurchmesser zwischen fünf und zehn Zentimetern in einer Höhe von ein bis drei Metern ab. Die vernarbende Schnittstelle unterbrach ein weiteres Höhenwachstum des Stammes. Die neu ausschlagenden Triebe mit verstärktem Längenwachstum verbreiterten mit ihren Ansätzen den dicker werdenden Stamm, auf dem sich ein unregelmäßiger, nach oben abgeplatteter Kopf bildete.
Über Jahrhunderte wusste der Mensch sich diese Eigenschaft besonders ausschlagfähiger Gehölze zunutze zu machen. Die so entstandenen Kopfbäume gehörten in der Regel zu jedem bäuerlichen Betrieb und stellten vor allem in den holzarmen Bereichen der Rheinniederung die wichtigste Form der Brennholzgewinnung dar. Verwendung fand das biegsame Holz jedoch auch in verschiedenen handwerklichen Bereichen. Als Baustoff wurden mit den Zweigen die Gefache der damals üblichen Fachwerkhäuser ausgestakt und anschließend mit Lehm abgedichtet. Grabenböschungen sowie auch die Ufer von Wasserläufen befestigte man mit Weidengeflechten. Steingefüllte Körbe bremsten die Erosionskraft der Fließgewässer. Im Haushalt der Höfe wurden die einjährigen Weidenruten für den Eigenbedarf oder als Nebengewerbe zu vielseitig nutzbaren Körben und Truhen weiterverarbeitet. Die schnellwüchsigen Triebe konnten gleichzeitig der Gewinnung von Futterlaub dienen. Eschenholz beispielsweise wurde vorwiegend für die Herstellung hochwertiger Stiele für Werkzeuge und Waffen verwendet.
Auch heute noch sind Kopfbäume am stromgeprägten Unteren Niederrhein weitverbreitet. Ihre auffällige Form und ihr häufiges Auftreten als Einzelgehölze, innerhalb von Hecken und vor allem in langen Reihen entlang von Gräben und Gewässern, macht sie zu dem charakteristischsten Baum der Region. In Verbindung mit anderen Gehölzen gliedern und beleben sie vielerorts ganz entscheidend das Landschaftsbild und können so als eines der wohl niederrheintypischsten Kulturlandschaftselemente gelten. Sie spiegeln den Alltag der Menschen auf dem Lande wieder, die aus der Not heraus mit einfachen Mitteln Nützliches aus der Natur zu gewinnen verstanden. Die Kopfbäume spielen zudem eine wichtige Rolle für den Artenschutz, da sie mit ihren zahlreichen Hohlräumen, die durch Fäulnis infolge eines verletzungsbedingten Pilz- und Bakterienbefalls entstehen, Unterschlupf und Lebensraum für zahlreiche Tiere bieten. U. a. sind sie wertvolle Bruthabitate mit idealen Nistbedingungen für Höhlenbrüter, wie den Steinkauz, der als Jagdbiotop die umliegenden Wiesen und Weiden benötigt. Weitere Kopfbaumhöhlennutzer sind Hohltaube, Grauschnäpper, Trauerfliegenschnäpper, verschiedene Meisenarten oder auch Feldsperling. An Säugetieren sind nachtaktive Arten, wie Iltis, Steinmarder, Siebenschläfer oder auch verschiedene Fledermausarten zu nennen.
Vielen erhaltenen Kopfbäumen droht heute allerdings der Verfall, da sie bei fehlendem Rückschnitt und zunehmendem Astgewicht stark gefährdet sind auseinander zu brechen. Die Baumstämme werden dann durch eindringende Pilze und Bakterien faulig und höhlen allmählich aus, so dass sie sich oftmals spalten und besonders bizarre Wuchsformen annehmen, häufig aber weiterhin lebensfähig  bleiben. Es wächst jedoch stetig die Gefahr des völligen Zerreißens, was schließlich zum Absterben führen kann. Heute sorgt die Landschaftspflege durch regelmäßige Schnitt- und Pflegemaßnahmen für die Erhaltung der verbliebenen alten Kopfbaumgehölze. Ergänzend wird vielerorts mit neugepflanzten Bäumen Ersatz geschaffen, um so langfristig diesen wichtigen Bestandteil des regionalen Landschaftsbildes zu sichern.

Naturschutz im Kreis Kleve

ein Projekt von Holger Hillmann (Texte, Fotos) und Thomas Bäumen (Redaktion, Webdesign und weitere Fotos)

 

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