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Vom Rhein gingen für die an seine Ufern siedelnden Menschen seit jeher Gefahren durch Überschwemmungen bei Hochwassern oder Flusslaufverlagerungen aus. Solange sich die Hochflut über die weite Aue ausbreiten konnte und die Wälder als natürliche Retentionsräume das Wasser zurückhielten, entstanden jedoch nur in begrenzter Weise lebensbedrohliche Situationen. Die Bauern, die seit der Bronzezeit zunehmend auch die Böden der Rheinniederungen nutzten, schützen ihren ohnehin erhöht liegenden Hof und ihr Land zunächst lediglich mit kleinräumlichen Schutzwällen.
Im Bereich einiger Flussschlingen wurden schon ab dem 9. Jahrhundert, noch heute erkennbare Ringeindeichungen angelegt, die mehrere Flusswarften miteinander verbanden und das dazwischen liegende Land umschlossen, so dass erste Polder entstanden. Da diese Flächen durch die flussbedingte Sedimentation verhältnismäßig hoch lagen, konnten sie leicht schon durch Deiche von nur geringer Höhe gegen normale Hochwasser geschützt werden. Einen systematischen Hochwasserschutz kennt man hierzulande jedoch erst seit dem 13. Jahrhundert. Dabei ging es jedoch anfangs hauptsächlich eher um Landgewinnung, als um Katastrophenabwehr. Die Uferanrainer hatten das Recht Anlandungen zu schützen und durch Bauwerke, die meist aus Weidenpfählen, Sand und Steinen bestanden, weiter zu fördern, um sie schließlich ihrem Besitz hinzuzufügen. Allmählich entstanden vermehrt Stromdeiche, Sommerdeiche und Binnendeiche, deren Zustand durch die herrschaftliche Deichschau regelmäßig begutachtet wurde. Der Erlass erster Deichrechte und -ordnungen für einzelne Teilgebiete, fand im 14. Jahrhundert durch die Klever Grafen statt, die ihr Land und die wachsende Bevölkerung jetzt verstärkt gegen Ãœberschwemmungen sichern wollten und deshalb die ersten Deichgräfen bestellten. In dieser Zeit entstand bereits das bis heute erhaltene Kleverhammer Deichsystem, das 1397 aus den hohen Lösegeldern nach einer gewonnenen Schlacht finanziert werden konnte. Dennoch waren auch diese Eindeichungen weiterhin nur auf einzelne Polderflächen begrenzt und glichen eher kleinen Wällen.

Die Errichtung eines ersten Banndeichsystems begann Anfang des 15. Jahrhunderts, als die bestehenden Polderdeiche durch Querdeiche miteinander verbunden und ihre bisherigen Abschnitte aufgehöht wurden. So entstanden beiderseits des Rheins zwischen Rees und der Stromteilung sowie zwischen Kalkar, Kleve und Nijmegen erstmals geschlossene Deichlinien. In den Poldern hinter diesen Winterdeichen konnte nun auch vermehrt eine ackerbauliche Nutzung stattfinden. Die wesentlich niedrigeren Sommerdeiche im Rheinvorland wurden bei Hochwasser zwar nach wie vor, und durch die verringerten Abflussquerschnitte im Unterlauf sogar vermehrt, überschwemmt, ermöglichten aber immerhin der Weidewirtschaft eine sommerliche Nutzung des Banndeichvorlandes. Eine einheitliche Deichordnung für das gesamte Herzogtum kam 1575 heraus, die auch den allgemein einzuhaltenden Querschnitt der Deiche festlegte. Im Jahr 1784 fand die größte Hochwasserkatastrophe des Niederrheins statt, was vor allem auf bauliche Mängel, wie die damals noch nicht ausreichend verdichtete Deicherde, die zu steilen Böschungen und der meist fehlende Erosionsschutz durch eine geschlossene Grasnarbe, zurückzuführen ist. Es wurden durch das Zerreißen der meisten Banndeiche, neben 83 Dörfern, auch die Städte Grieth und Kalkar völlig überschwemmt und tausende Häuser zerstört. Mit Hilfe staatlicher Fördermittel und unter technischer Anleitung von Wasserbauingenieuren begann man nun mit einem verstärkten Ausbau sowie einer Kronenerhöhung der wiedererrichteten Deichlinien. Die Deiche wurden auch im 19. Jahrhundert immer wieder abschnittsweise verstärkt, technisch verbessert und aufgrund der weiter reduzierten Flussbreite immer näher an den Rhein verlegt, was gleichzeitig auch immer höhere Deichkronen erforderlich machte.
Die älteren Winter- bzw. Banndeiche, die dadurch ihre Schutzfunktion verloren hatten, sind an zahlreichen Stellen in der Landschaft als sogenannte Schlafdeiche bis heute sichtbar geblieben. Im Jahre 1855 legte man beispielsweise einen Querriegel an, der die Überschwemmungen der Düffel unterbinden sollte. Dennoch kam es am Unteren Niederrhein weiterhin trotz dieser verschiedenen Strombaumaßnahmen immer wieder zu verheerenden Überschwemmungen.
Nach dem zweiten Weltkrieg begann man schließlich mit umfassenden Deichsanierungsmaßnahmen, in deren Zuge u. a. auch der mächtige Deich zwischen Grieth und Griethausen gebaut wurde. Das einheitliche Sicherheitsmaß der Banndeiche beträgt bei einer Kronenbreite von bis zu 15 Metern mindestens einen Meter über dem Höchsthochwasserstand von 1926. Die Folge war wiederum eine starke Reduzierung der Überschwemmungsflächen, so dass heute nur noch wenige Bereiche, wie die Warden Salmorth, Grietherort und Grietherbusch innerhalb des Winterhochwasserbettes liegen. Das Deichvorland ist meist nur noch ein wenige hundert Meter breiter, parallel zum Rhein verlaufender Streifen. Die funktionslosen Sommerdeiche hat man bis auf einige Teilstücke abgetragen.
Die gewaltigen Deichanlagen stellen ein ganz wesentliches, charakteristisches Landschaftselement des stromgeprägten Niederrheins dar. Die unübersehbaren, massiven Erdwälle bestimmen durch ihre Größe und Länge, in entscheidender Weise die landschaftliche Eigenart der Rheinniederungen. Besonders wertvoll sind die alten Deichanlagen, wie die Schlafdeiche oder die alten Sommerdeiche innerhalb aktueller oder ehemaliger Polderflächen. Als kulturhistorische Denkmäler dokumentieren sie die Siedlungsgeschichte und allmähliche Landgewinnung am Unteren Niederrhein.

Naturschutz im Kreis Kleve

ein Projekt von Holger Hillmann (Texte, Fotos) und Thomas Bäumen (Redaktion, Webdesign und weitere Fotos)

 

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