Grabensysteme
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Mit der Niederungskolonisation, also der Erschließung der versumpften Rheinaue und Bruchgebiete, in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts begann auch der gezielte und planmäßige Bau umfangreicher Grabensysteme, welche die entsprechenden Gebiete entwässern und damit urbar machen sollten. Die bisher eher vereinzelt und unsystematisch angelegten Entwässerungsgräben wurden nun großräumig ergänzt und ausgebaut. Diese Kultivierungsmaßnahmen gingen vor allem auf die Initiative des Landesherrn zurück, der so auf das starke Bevölkerungswachstum reagierte und gleichzeitig seinen Machtbereich ausdehnen konnte. Für Vermessungen und Trockenlegungen wurden u. a. auch Verträge mit den erfahrenen Entwässerungsexperten aus Holland abgeschlossen, so dass es zu einem beträchtlichen Zustrom holländischer Kolonisten kam.
Die neuen Landgewinnungsmaßnahmen führten zu der Herausbildung langer, geradliniger Wassergräben, die in einer geringen Entfernung von nur einigen Metern parallel zueinander lagen und im rechten Winkel an einen oder mehrere Hauptentwässerungsgräben angeschlossen wurden. Diese sogenannten Weteringe oder Leidegräben, welche wiederum die Entwässerung in Richtung eines Vorfluters übernahmen, wurden zusätzlich mit Deichen und Schleusen versehen, um ein Eindringen des Hochwassers der natürlichen Wasserläufe zu verhindern. Zwischen den einzelnen Nebengräben lagen die entsprechend schmal gestalteten, streifenförmigen Neulandparzellen. Misslang die Entwässerung in solchen Langhufen oder Langschlägen und es wurde nach einiger Zeit kein Ackerbau möglich, so nutzte man die Flächen als Mähweide.

Ein frühes Beispiel sind die ersten Erschließungsmaßnahmen im Kranenburger Bruch, die etwa 1227 rings um die Kranenburg angelegt worden sind. Der nächste Bau eines noch großflächiger angelegten Entwässerungssystems begann 1294 im Bereich des Tiller Bruchs. Im Jahre 1295 wurde das Uedemer Bruch und später die Hetter zwischen Rees und Emmerich zur Kultivierung freigegeben. Auch wurden das Roderbruch bei Appeldorn, die Bruchgebiete bei Altkalkar, ein Bruch südlich von Uedem und das Qualburger Bruch kultiviert. Bei dem zuvor waldwirtschaftlich und als Allmende genutzten Bruchgebiet Siebengewald wurde 1346 mit der Entwässerung begonnen.
Insgesamt entstanden auf diese Weise aus zahlreichen Bruchgebieten ganz charakteristisch gekammerte Kulturlandschaften. Die mit fruchtbarem Schlick bedeckten Aueböden innerhalb der Niederungen lieferten dabei wertvolle Erträge und auch die Torfböden ehemaliger Bruchgebiete konnten allmählich ackerbaulich genutzt werden. In einigen Landschaften des Unteren Niederrheins haben sich diese historischen, bis heute deutlich im Gelände erkennbaren Strukturen erhalten. Gräben, die für eine landwirtschaftliche Nutzung der anliegenden Flächen weiterhin unabdingbar geblieben sind, werden regelmäßig abschnittsweise durch Sohlenräumung und Böschungsmahd unterhalten. Aus vielen Grabengewässern haben sich im Verlauf der Jahrhunderte auch wertvolle Biotope mit einer teilweise außerordentlich vielfältigen Wasserflora und -fauna entwickelt. Andere teilweise funktionslos gewordene Grabensysteme sind nur noch durch Heckenverläufe, Staudenfluren oder mehr oder weniger auffallende Vertiefungen sichtbar geblieben. Im Zuge von Flurbereinigungsmaßnahmen sind zudem weitere Gräben eingeebnet worden und somit endgültig aus dem Landschaftsbild verschwunden.
Besonders in den natürlicherweise sehr feuchten und grundwassernahen Regionen sind Gräben und die charakteristisch eingeteilten Feldfluren, die von der einstigen Landgewinnung zeugen, wichtige kulturhistorische Landschaftselemente. Die regelmäßig gliedernde, lineare Form der Grabensysteme trägt vor allem in Verbindung mit einem begleitenden Gehölzbewuchs oder einer entsprechenden Ufervegetation zum unverkennbaren Erscheinungsbild vieler Landschaften des Unteren Niederrheins bei.

Naturschutz im Kreis Kleve

ein Projekt von Holger Hillmann (Texte, Fotos) und Thomas Bäumen (Redaktion, Webdesign und weitere Fotos)

 

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